Europa ist ein großartiges Projekt, das für Frieden, Freiheit und Wohlstand steht. Doch viele Menschen denken heute auch an Krise, Bürokratie und Fremdbestimmung, wenn von Politik aus Brüssel die Rede ist. Diese Sorgen darf niemand ausblenden, der Verantwortung in Europa trägt. Denn Europa gewinnt seine wichtigste Rechtfertigung aus der Überzeugung der Menschen, dass es ihnen eine bessere Zukunft bringt.

Als überzeugte Europäer wollen wir Freie Demokraten die zukünftige Entwicklung der Europäischen Union aktiv mitgestalten, denn eine starke Europäische Union ist auch für die weitere Entwicklung Sachsen-Anhalts wichtig.

Die Europäische Union stand in den letzten Jahren vor großen Herausforderungen, etwa die Bewältigung der Staatsschulden- und Finanzkrise, der Umgang mit dem Flüchtlingszustrom und nicht zu Letzt der Brexit. Diese Herausforderungen bestehen zum Teil auch weiter und es kommen neue Herausforderungen wie die zukünftige internationale Handelspolitik und der Umgang mit europäischen Nachbarstaaten wie Russland und die Türkei hinzu.

Gerade in einer, für die Europäische Union, schwierigen Phase, bedarf es auch im Europäischen Parlament einer starken proeuropäischen, einer starken liberalen Stimme. Deshalb werden sich die Freien Demokraten Sachsen-Anhalt in die Diskussion um das Europawahlprogramm der FDP einbringen.

  1. Wir Freie Demokraten Sachsen-Anhalt halten eine Neujustierung der Europäischen Union für notwendig. Die Europäische Union muss ihren Bürgern wieder beweisen, dass sie in der Lage ist, in großen Fragen Lösungen zu finden, die gemeinsam vereinbarten rechtlichen Regelungen einzuhalten und auch durchzusetzen. Nur so kann sie Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU zurückgewinnen und stärken.

Aus Sicht der Freien Demokraten bedarf es mehr Gemeinsamkeit dort, wo wir nur gemeinsam stark sind und nur gemeinsam sinnvolle Lösungen schaffen, etwa bei den Fragen unserer gemeinsamen Währung, des europäischen Binnenmarktes, in der Handelspolitik, in der Flüchtlingspolitik und der Außen- und Sicherheitspolitik.

  • Stärkung des europäischen Binnenmarktes. Hier ist die Chancengleichheit der Unternehmen zu fördern, aber ebenso der Schutz der Freiheit und der Privatsphäre zu berücksichtigen. Die Europäische Union braucht eine klare wirtschaftlich freiheitliche Antwort auf den Wettbewerbsdruck aus China und die neue protektionistische Politik eines Donald Trumps. Hierzu bedarf es weiterer internationaler Freihandelsabkommen (u.a. mit Japan).
  • Stärkung der inneren Sicherheit, dazu gehört eine bessere Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden (u.a. Kooperation zwischen Nachrichtendienst), insbesondere bei Fragen der Terrorismusabwehr und der Extremismusbekämpfung und die Weiterentwicklung der Außengrenzensicherung (Frontex) hin zu einer Struktur zu einem echten Grenzschutz.
  • Notwendige Abstimmung im Bereich der Migration auf europäischer Ebene u.a. Prüfung der Möglichkeit eines gemeinsamen Asylsystems, um einer Situation analog 2015 frühzeitig begegnen zu können. Die Dublin-III-Verordnung ist durch einen fairen Verteilungsschlüssel, der die Bevölkerungsstärke und Wirtschaftskraft eines Landes berücksichtigt, zu ersetzen. Länder, die sich dieser Art der Solidarität verweigern, sollen in einen Fonds einzahlen müssen. Der Fonds soll wiederum Aufnahme- und Grenzstaaten außerhalb der EU bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise finanziell unterstützen.
  • Aufbau einer Europäischen Armee unter gemeinsamen Oberbefehl und parlamentarischer Kontrolle
  1. Wir Freie Demokraten halten es für notwendig, die europäischen Institutionen weiter zu demokratisieren und die Rechte des Europäischen Parlaments zu stärken. Das Europäische Parlament muss ein Initiativrecht erhalten und zu einem Vollparlament aufgewertet werden. Ein Sitz in Brüssel ist ausreichend. Die Anzahl der Kommissare ist deutlich zu reduzieren. Darüber hinaus sollte auch der Rat der Europäischen Union weiterentwickelt werden.

Es bedarf dabei zukünftig einer klaren Kompetenzabgrenzung und -zuweisung, die auf der europäischen Ebene wirklich nur die zentral zu koordinierenden Fragestellungen belässt und im Sinne der Subsidiarität den nationalen und regionalen Ebenen klare Verantwortungen zuweist.

 

  1. In der zukünftigen Haushalts- und Finanzpolitik müssen unter Beachtung des Gesichtspunktes der Sparsamkeit auch weiterhin angemessene Finanzmittel zur Förderung und Verbesserung der Entwicklungen der europäischen Regionen bereitgestellt werden. Die europäischen Strukturfonds haben sich grundsätzlich bewährt. Zwischen den europäischen Regionen bestehen nachwievor zum Teil sehr große Unterschiede, die unter Einsatz der Strukturfondshilfen schrittweise abgebaut werden können. Die Entwicklung Sachsen-Anhalts wurde zu einem beachtlichen Teil auch aus Mitteln der Strukturfonds begünstigt. Daher fordern wir den Erhalt dieser Förderinstrumente.

 

  1. Förderung und Beibehaltung des europäischen Austausches in Bildung und Forschung (insbesondere Fortschreibung des Erasmus-Programms und des Programm Horizon 2020), da sie sich als bewährte Entwicklungsprogramme in der europäischen Hochschulbildungs- und Forschungslandschaft herausgebildet haben. Darüber hinaus soll es zukünftig eine bessere Koordinierung einer europäischen Entwicklungszusammenarbeit in Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor und Stärkung des Technologietransfers in die Entwicklungsländer geben, um besser Synergieeffekte in der Entwicklungszusammenarbeit zu gestalten und Konkurrenzprogramme oder Doppelförderungen zu vermeiden.

 

  1. Europapolitik wird aber nicht nur in Brüssel und den Hauptstädten der Mitgliedsstaaten gemacht. Auch die europäischen Regionen selbst sind in der Pflicht ihren Beitrag zu einem gemeinsamen Europa zu leisten. Es ist festzustellen, dass die schwarz-rot-grüne Landesregierung Sachsen-Anhalts die, auf europäischer Ebene eröffneten Chancen nicht konsequent genug nutzt. Es zeigt sich, dass Sachsen-Anhalt unter Schwarz-Rot-Grün im Wettbewerb der europäischen Regionen hinterherläuft statt vorwegzugehen. Zum Beispiel bei der für Sachsen-Anhalt so wichtigen Kohäsionspolitik liegt Sachsen-Anhalt beim Mittelabruf und der Realsierung von Projekten in der aktuellen Förderperiode 2014-2020 der europäischen Strukturfonds (ESF/EFRE/ELER) deutlich unter dem EU Durchschnitt.

 

  1. Zu einer starken Gemeinschaft gehört es, das Subsidiaritätsprinzip in der EU zu wahren. Deshalb sind die Vorschläge der Europäischen Kommission zu einer sozialen Säule Europas nicht zielführend. Wir sprechen uns hier nachdrücklich gegen eine Einflussnahme der Europäischen Union im Rahmen von verpflichtenden Rechtsakten aus.

Die Freien Demokraten fordern die Landesregierung auf, die europäischen Fördermittel konsequenter zu nutzen und einen möglichen Verfall dieser Mittel zu vermeiden. Darüber hinaus muss sich die Landesregierung schon jetzt aktiv in die Debatte um die zukünftige mittelfristige Finanzplanung nach 2020 einbringen.