1. Die FDP Sachsen-Anhalt fordert mehr Selbstverwaltung und Engagement im und für den ländlichen Raum. Darunter verstehen wir im Einzelnen.
  • Staatliche Entscheidungen sollen möglichst in die Kreise und Gemeinden unter Beachtung der dafür notwendigen personellen und finanziellen Ausstattung (Konnexitätsprinzip) verlagert werden.
  • Gemeinden soll die Chance gegeben werden, sich als Grundzentren zu stabilisieren. Die Zahl der Grundzentren darf nicht willkürlich von oben verordnet werden.
  • Wir wollen lebendige Dörfer (Innen- vor Außenentwicklung). Das Leben im Dorf ist eine persönliche Entscheidung für ein Rückzugsgebiet abseits der städtischen Hektik. Dafür müssen dennoch vor Ort Partizipationsmöglichkeiten durch Vereine und eine bürgernahe Verwaltung gegeben sein.
  • Die Attraktivität des ländlichen Raums lebt vom bürgerlichen Engagement und stärkt somit das Gefühl der Zugehörigkeit. Aufgabe der Landesregierung ist dies zu unterstützen und nicht durch Aufgabenverlagerung ohne Finanzausgleich den Handlungsspielraum der Gemeinden und Kreise weiter zu schwächen.
  • Im Sinne einer nachhaltigen Politik sollten insbesondere in dünn besiedelten Regionen verstärkt gemeindeübergreifende Ansätze verfolgt werden.
  • Die bereits etablierten Förderprogramme, wie ELER und LEADER, müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Die Unterstützung von bürgerlichem Engagement in vor Ort gewählten Strukturen muss ein sichtbarer und spürbarer Förderschwerpunkt sein.
  • Den Vereinen und Genossenschaften sollen keine bürokratischen Hürden auferlegt werden, um das bürgerliche Engagement nicht bereits im Keim zu ersticken. Hier ist es Aufgabe des Landes die Rahmenbedingungen entsprechend zu setzen.
  • Eine kommunale Öffnungsklausel in der Kommunalverfassung soll Kommunen eine begründete Aussetzung landesspezifischer Regelungen vor Ort ermöglichen, die durch die Kommunalaufsicht zu prüfen ist.
  1. Die FDP Sachsen-Anhalt setzt sich für bessere Voraussetzungen für die mittelständische Wirtschaft im ländlichen Raum ein. Darunter verstehen wir im Einzelnen.
  • Die klein- und mittelständischen Strukturen prägt die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Die damit verbundenen Chancen gerade für den ländlichen Raum bleiben durch eine bisher auf Großansiedlungen orientierten Wirtschaftsförderpolitik der letzten Jahre ungenutzt.
  • Regionale klein- und mittelständische Wirtschaftskreisläufe müssen gestärkt werden. So sollen z.B. landwirtschaftliche Produkte nicht nur für den Welthandel hergestellt, sondern auch den regionalen Bedarf decken. Davon soll auch die nachgeordnete Wertschöpfungskette profitieren.
  • Wir fordern eine Initiative „Fachkräfte für den ländlichen Raum“ gemeinsam mit den Kammern. In einer übergreifenden Regionalentwicklung muss die aktuelle räumliche Situation von Auszubildenden mit teils erheblichem Mobilitätsaufwand zwischen Wohnort, Ausbildungsstelle und Berufsstelle überdacht werden.
  • Die Agrarwirtschaft ist als wichtigstes Standbein des ländlichen Raumes nachhaltig zu sichern. Dabei ist es wichtig den Landwirt als Unternehmer zu sehen. Für uns gilt: privat vor Staat, Erwirtschaften vor Verteilen.
  • Wir brauchen in Sachsen-Anhalt einen neuen strategischen Ansatz zur Förderung des ländlichen Raumes. Nur dadurch erreichen wir, dass die verfügbaren Fördermittel auf EU-, Bundes- und Landesebene möglichst optimal verteilt werden und den Landwirten Raum für wirtschaftliche Tätigkeit lassen.
  • Wir wollen den Abbau von Bürokratie erreichen und gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen, indem wir EU-Recht zeitnah und 1:1 umsetzen, ohne zusätzlichen Auflagen.
  • Wir unterstützen regionale wirtschaftliche Energiekonzepte und treten für eine möglichst weitgehende Wertschöpfung vor Ort ein. Die vorhandenen Konzepte, z.B. in den Bioenergiedörfern der Altmark, insbesondere zur Nahwärmeversorgung, im funktionalen Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Betrieben sind weiter auszubauen und bürgerliches Engagement nachhaltig zu stärken.
  • Kommunen sollen sich vorrangig auf ihre hoheitlichen Aufgaben beschränken, damit die Privatwirtschaft Platz zur Entfaltung hat.
  1. Die FDP Sachsen-Anhalt fordert einen Vorrang für Infrastruktur als Rückgrat der ländlichen Regionen. Darunter verstehen wir im Einzelnen.
  • Kitas und Grundschulen müssen für Kinder und Eltern erreichbar bleiben. Durch mehr Raum für jahrgangsübergreifendes Lernen, die Verringerung der Mindestschüler/-kinderzahlen und bessere Kooperationsmodelle der Bildungseinrichtungen kann die Basisbildungsstruktur trotz angespannter öffentlicher Haushalte erhalten bleiben.
  • Der Individualverkehr bleibt auch langfristig wichtigstes Standbein der ländlichen Mobilität. Dafür sind durch Ausbau einer modernen und leistungsfähigen Straßeninfrastruktur, unter einzelfallbezogener Zurückstellung naturschutzfachlicher Belange die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.
  • Gleichwohl unterstützen wir einen nachfragegerechten ÖPNV. Ziel sind flexible Lösungen vor Ort, die eine starre und teure Überversorgung verhindern, indem sie sich den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen anpassen. Bürgerschaftliches Engagement und nachbarschaftliches Miteinander haben gerade in kleinsten Ortschaften das Potenzial öffentliche Angebote wirksam zu ergänzen. Die öffentliche Hand kann hier häufig als Koordinationsplattform dienen, und sich so auch selbst dank der anerkennenswerten Tätigkeit engagierter, eigenverantwortlicher Ehrenamtlicher finanziell entlasten.
  • Einen nicht nutzerfinanzierten ÖPNV lehnen wir ab. Aufgrund der Bevölkerungsdichte im ländlichen Raum ist das ÖPNV-Netz aus Nachfrage- und somit ökonomischen Gründen deutlich geringer ausgestaltet, im Gegensatz zum urbanen Raum. Eine Vergemeinschaftung der gesamten ÖPNV-Kosten geht daher zu Lasten des ländlichen Raums.
  • Insgesamt muss sich die Infrastruktur, ob zur Versorgung mit Strom, Wasser und Abwasser am langfristigen kommunalen Bedarf unter Berücksichtigung der Demographie orientieren. Um die Zukunftsfähigkeit der Kommunen und somit des ländlichen Raums zu sichern, muss auch ein sozialverträglicher und nicht wirtschaftshemmender Rückbau von veralteten Kanalstrukturen sinnvoll gestaltet werden können. So werden finanzielle Freiräume für andere notwendige Investitionen geschaffen.
  • Die parteiübergreifenden Ankündigungen zum Breitbandausbau sind in Sachsen-Anhalt schnellst möglich umzusetzen. Weitere Verzögerungen schaden dem Wirtschaftsstandort nachhaltig.
  1. Die FDP Sachsen-Anhalt fordert eine zukunftsfeste medizinische Versorgung im ländlichen Raum Darunter verstehen wir im Einzelnen.
  • Die für die Sicherstellung zuständige Kassenärztliche Vereinigung hat die Rahmenbedingungen für den Erhalt einer hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum zu schaffen.
  • Daneben müssen wir das Gesundheitssystem, z.B. durch den Einsatz von Telemedizin weiter flexibilisieren.
  • Die Krankenhausplanung orientiert sich an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort. Auch für den ländlichen Raum ist die unverzichtbare stationäre medizinische Basisversorgung vor Ort vorzuhalten.
  • Versandapotheken in Anbindung an einen/r Apotheker/in können einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung im ländlichen Raum beitragen. Die dazu notwendigen Rahmenbedingungen sind zu schaffen.
  1. Die FDP Sachsen-Anhalt fordert sicheres Wohnen und Leben im ländlichen Raum. Darunter verstehen wir im Einzelnen.
  • Die allgemein propagierten „gleichwertigen Lebensverhältnisse in Stadt und Land“ sind praktisch nicht umsetzbar und von den Bürgern im ländlichen Raum auch oft nicht gewollt. Hinter dem „Wohnen auf dem Lande“ stehen in vielen Fällen ganz bewusste Entscheidungen. Wir fordern eine ehrliche und keine polemische Zielsetzung in diesem Bereich.
  • Wir unterstützen das längst überfällige Umdenken in der Sicherheitspersonalpolitik. Die weiteren Planungen müssen sich wieder an den Aufgaben und nicht an willkürlichen Quoten im Ländervergleich orientieren, die durch die Demografie beeinflusst werden.
  • Polizeiwachen sind zu erhalten; denn Ziel des polizeilichen Handelns muss es sein, möglichst kurze Alarmierungszeiten und Anfahrwege zu haben, um den Bürgern schnell professionelle Hilfe anbieten zu können.
  • Gerade auch angesichts der Entfernungen im ländlichen Raum ist eine moderne technische Ausstattung für Polizei und Feuerwehr insbesondere durch digitalen Funk unerlässlich.

Begründung:

Mehr als die Hälfte der Menschen in Sachsen-Anhalt lebt in ländlichen Räumen. Sie erleben ihre Dörfer, kleine und mittelgroße Städten und die umgebende Landschaft als Heimat, mit der sie stark verbunden sind. Wir wollen diesen Menschen und insbesondere auch der jungen Generation eine Perspektive für die Zukunft in ihrer ländlichen Heimat geben.