Wahlprogramm der FDP Sachsen-Anhalt zur Landtagswahl 2021

Liebe zu Freiheit und Verantwortung

Innen & Recht

Unser Ziel

Die Freien Demokraten wollen einen starken Staat immer dort, wo nur der Staat handeln kann. Deshalb steht die Innen- und Rechtspolitik für uns immer im Mittelpunkt der Landespolitik. Für uns ist die Kommune nicht nur Verwaltung, sondern der Ort, in dem Menschen Gemeinwesen erleben und ihr Verhältnis zum Staat und zum bürgerschaftlichen Engagement ausbilden. Dieser Bedeutung muss die Kommunalpolitik des Landes Rechnung tragen.

Wer den ganzen Tag lernt, arbeitet und sich um die Familie kümmert, der will seine Freizeit und seinen verdienten Wohlstand entspannt genießen können. Zuwachsraten bei Haus- und Wohnungseinbrüchen, Autodiebstählen sowie Raub- und Drogendelikten erschweren dies. Sie verletzen das Sicherheitsempfinden der Menschen empfindlich ebenso lange Wartezeiten auf Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste an einem Einsatzort oder schleppende Gerichtsverfahren.

Unser Weg

Wir wollen hier eine Wende in der Politik. In seinen Kernbereichen muss der Staat gut aufgestellt sein. Dafür brauchen wir Polizei vor Ort. Eine Polizei, die ihre Prioritäten klar auf die Verbrechensbekämpfung legen kann. Gemeinsam mit den Polizeigewerkschaften setzen wir Freie Demokraten auf Verbrechensaufklärung statt Blitzermarathon, Polizisten vor Ort statt Videoüberwachung und die Bekämpfung von Drogenbanden statt der Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten. Die Erhöhung der Polizistenanzahl, der Präsenz an Kriminalitätsschwerpunkten und der Kriminalbeamten sind genauso unsere Mittel wie eine Ausstattung, die den Schutz und den effektiven Arbeitseinsatz gewährleistet – von der Schutzweste über das Funkgerät bis zum modernen PC.

Rechtssicherheit hängt an einer zuverlässigen Justiz. Rechtssicherheit und das Vertrauen in unseren Rechtsstaat hängen aber auch an einer Justiz, die Verfahren schnell durchführen kann, damit das Urteil mit der Tat noch in einem zeitlichen Zusammenhang steht. Mit der Justizreform hat die Regierung vielerorts funktionierende Strukturen zerschlagen. Die Sinnhaftigkeit dieser Reform werden wir als Rechtsstaatspartei kritisch überprüfen und Fehler korrigieren. Zur schnelleren Herstellung des Rechtsfriedens sehen wir die Notwendigkeit zusätzliche Richter, Rechtspfleger und Justizvollzugsbeamte einzustellen. Zudem muss die gesamte Landesverwaltung bei der Digitalisierung ihrer Leistungen endlich Vorreiter und nicht mehr Schlusslicht sein.

FAQ

Wie bewertet die FDP den Digitalisierungsgrad der Landesverwaltung in Sachsen-Anhalt?

Digitalisierung ist der Treiber des 21. Jahrhundert

Sachsen-Anhalt hängt wie alle Bundesländer bei der Digitalisierung zurück. Corona hat gezeigt, was alles geht und eine Ahnung vermittelt, was möglich ist. Dieser Schub muss genutzt werden: Sachsen-Anhalt macht die Digitalisierung der Verwaltung zu seinem Projekt der kommenden Legislatur. Das Land muss „prime customer“ für die Digitalisierungprojekte sein und nicht wie jetzt der Letzte in der Kette. Alle Verwaltungsvorgänge werden systematisch digitalisiert mit dem Ziel, dass Bürger möglichst einfach über eine App alle Verwaltungsangelegenheiten erledigen können und der Kontakt zwischen Rechtsanwälten und Gerichten, Steuerberatern und Finanzämtern und zwischen Behörden möglichst ohne Papier abgewickelt werden kann. In den Verwaltungen mittelfristig freiwerdendes Personal wird für die Verbesserung der Beratung eingesetzt.

Sieht die FDP beim Personal der Polizei noch zusätzlichen Handlungsbedarf?

Sicherheit gewährleisten – Rechtstaat durchsetzen

Jeder möchte in Freiheit und Sicherheit leben. Die Gewährleistung der Sicherheit ist eine der Kernaufgaben des Staates. Dazu brauchen wir eine Präsenz in der Fläche, also mehr Polizei vor Ort. Eine Polizei, die ihre Prioritäten klar auf die Verbrechensbekämpfung legen und die Chancen der Digitalisierung nutzen kann und von Bürokratie entlastet wird.
Gemeinsam mit den Polizeigewerkschaften setzen wir Freie Demokraten auf Verbrechensaufklärung statt Blitzermarathon, Polizisten vor Ort statt ausufernde Videoüberwachung und die konsequente Bekämpfung von Organisierter Kriminalität etwa im Drogenmilieu statt der Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten. Dies kann nur gelingen, wenn Sachsen-Anhalt eine personell gut aufgestellte Polizei hat. Mehr Polizei und eine bessere Ausstattung zusammen verbessern die Kriminalitätsbekämpfung und verbessern die Sicherheit in unserem Land. Es müssen die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass die Polizei in der Lage ist, mit wirksamen Mitteln auf sich verändernde Kriminalität zu reagieren, um auf dem gleichen Niveau oder sogar besser die Kriminalität zu bekämpfen.

Eine personell gut aufgestellte und ausgestattete Polizei

Die Landesregierung hat dem, in den letzten Jahren sichtbaren, schleichenden Personalabbau in der Landespolizei nicht rechtzeitig und entschieden entgegengewirkt. Dies wiegt doppelt schwer, denn es fehlen nicht nur Polizistinnen und Polizisten, sondern mit jeder Pensionierung geht auch wichtige Erfahrung verloren. Diese Entwicklung muss umgekehrt werden. Langfristig muss es möglich sein, unter dem Gesichtspunkt „vom Streifenwagen bis zum Gerichtssaal“ ein System zu ermöglichen, welches unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Grundsätze und IT-Sicherheitsaspekten von den Verfahrensbeteiligten genutzt, eingesehen und bearbeitet werden kann.

Wir Freien Demokraten wollen konkret:

  • die Stellen im Polizeivollzugsdienst bis zum Ende der kommenden Wahlperiode auf 7000 erhöhen.
    • neben der Erweiterung der Ausbildungskapazitäten wollen wir den Polizeibeamten anbieten – auf freiwilliger Basis – länger im Dienst zu bleiben
    • zur Entlastung der Polizeivollzugsbeamten zusätzliche Stellen für sog. Polizeiverwaltungsassistenten schaffen;
  • gemeinsam mit den Polizeigewerkschaften ein echtes Personalentwicklungskonzept in Kraft setzen, dass neben Änderungen im Stellenplan auch Aufstiegs- und Beförderungschancen gewährleistet;
  • die Spezialisierung innerhalb der Polizei voranbringen und weitere Spezialisten (bzw. im Bereich der IT) für den Landesdienst gewinnen;
  • die sächliche und technische Ausstattung der Polizei in allen Bereichen weiter verbessern (bzw. eine Digitalisierungsoffensive);
  • langfristig erreichen, dass mit Beginn der Strafanzeige bis zur Urteilsverkündung das gesamte Verfahren digital erfasst und bearbeitet werden kann.

Schutz der Einsatzkräfte

Die Übergriffe auf Polizei und Rettungskräfte, aber auch auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst nehmen in den letzten Jahren leider zu. Gewaltdelikte, Beleidigungen und sonstige Angriffe auf Einsatzkräfte (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Mitarbeiter in Notaufnahmen), Beschäftigte im öffentlichen Dienst (inkl. Landkreise und Kommunen, z.B. Jobcenter, Lehrkräfte) sowie auf (ehrenamtliche) Kommunalpolitiker können nicht hingenommen werden. Durch die schnelle und konsequente Verfolgung von Straftaten gegen Einsatzkräfte und andere Beschäftigte im Öffentlichen Dienst soll sichergestellt werden, dass in diesen Fällen die Reaktion des Rechtsstaats unmittelbar auf die Tat folgt.

Wir Freien Demokraten wollen:

  • die Erfassung der Gewaltdelikte, Beleidigungen und sonstige Angriffe auf oben genannten Personenkreis;
  • die Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft verbessern, indem es zukünftig in jeder Polizeidirektion und jeder Staatsanwaltschaft einen festen Ansprechpartner zur Verfolgung dieser Straftaten gibt.

Im Zuge der Zusammenarbeit steht die Beratung, Begleitung und Unterstützung der Betroffenen im Vordergrund.

Wie will die FDP den Brand- und Katastrophenschutz stärken?

Brand- und Katastrophenschutz

Zur Gewährleistung der Inneren Sicherheit gehört auch ein gut aufgestellter und ausgerüsteter Brand- und Katastrophenschutz. Ziel einer verantwortlichen Politik muss sein, die Voraussetzungen für einen funktionierenden Brand- und Katastrophenschutz zu schaffen. Wir Freien Demokraten nehmen mit Sorge zur Kenntnis, dass trotz vieler Bemühungen vor Ort und der Politik, sich die personelle Situation der Freiwilligen Feuerwehren in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren verschlechtert hat und die technische Ausstattung dringend zu verbessern ist.

Die Einsatzfähigkeit einer Freiwilligen Feuerwehr bedingt auch, dass zu jeder Zeit ausreichend ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger vor Ort sind. Dies kann leider nicht mehr überall gewährleistet werden. Deshalb ist die Personalgewinnung wie auch das Zusammenwirken mehrerer Feuerwehren einer Region wichtig.

Es ist daher erforderlich, im Zusammenwirken mit den Vertretern der Feuerwehren, der Kommunen sowie des Landes ein umfassendes Konzept zu entwickeln, dass es langfristig den freiwilligen Feuerwehren ermöglicht, ihren Auftrag ordnungsgemäß durchzuführen und der darüber hinaus auch den personellen Einsatz angemessen berücksichtigt. Dabei können wir Freie Demokraten uns durchaus vorstellen, die Zusammenarbeit der Feuerwehren mit Schulen auszubauen, um so das Interesse der Schülerinnen und Schüler zu wecken und zu fördern.

Zugleich soll geprüft werden, ob den Kommunen zukünftig ein größerer Anteil an der Feuerschutzsteuer zugewiesen werden soll. Damit soll auch die Ausstattung der Feuerwehren verbessert werden.

Das Land Sachsen-Anhalt verfügt mit der Brand- und Katastrophenschutzschule in Heyrothsberge über eine exzellente Ausbildungsstätte. Wir wollen die Ausbildungsangebote verstärken, um mehr Kameradinnen und Kameraden die Möglichkeit zu eröffnen, Lehrgänge zu besuchen, um sich ausbilden zu lassen und weitere Qualifizierungen zu erwerben.

Aus Sicht der Freien Demokraten sollte das ehrenamtliche Engagement endlich stärker als bisher gewürdigt werden. Hierzu sollen die Entschädigungsverordnungen der Feuerwehren überarbeitet werden. Eine weitere Möglichkeit hiervon wäre nach unserer Ansicht zusätzliche Rentenpunkte für die Mitgliedschaft und aktive Tätigkeit in der Freiwilligen Feuerwehr zu gewähren.

Sieht die FDP Handlungsbedarf bei den Kommunalfinanzen?

Lebendige und starke Kommunen für die Bürger

Die Kommunen sind die Keimzelle der Demokratie. Keine andere Ebene hat so direkten Einfluss auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb brauchen unsere Kommunen in Sachsen-Anhalt eine angemessene und auskömmliche Finanzierung. Hierzu muss das bisherige System der Finanzierung der Kommunen durch das Finanzausgleichsgesetz (FAG) einer vollständigen Evaluierung unterzogen werden. Wir wollen den kommunalen Finanzausgleich auf den Prüfstand stellen und Möglichkeiten herausarbeiten, die den Kommunen einen größeren Spielraum einräumen. Aus Sicht der Freien Demokraten beinhaltet die bedarfsgerechte Finanzierung auch die Erfüllung freiwilliger Aufgaben durch die Kommunen. Zusätzlich sollen bisher selbstständige Förderprogramme auf ihr Notwendigkeit und Zielgenauigkeit überprüft werden und gegebenenfalls zur Stärkung der Finanzausgleichsmasse in das FAG überführt werden.

Wie will die FDP den ländlichen Raum attraktiver machen?

Schaffung einer Willkommenskultur in den Orten des Landes. Sachsen-Anhalt muss attraktiv werden für Zuwanderung

In Sachsen-Anhalt ist es normal geworden, eher trennendes als verbindendes zu betonen. Diese Unkultur hat sich 2015 mit dem Ansteigen der Flüchtlingszahlen auch in Sachsen-Anhalt bis hin zu offener Fremdenfeindlichkeit verschärft. Eine solche Einstellung allem Neuen und Fremden gegenüber behindert aber nicht allein die Integration von Flüchtlingen oder Asylsuchenden, sondern hemmt jede Zuwanderung (aber auch Rückwanderung). Dies macht sich ganz besonders außerhalb der beiden großen Städte des Landes bemerkbar, wie jüngste Studien zeigen.
Ohne Zuwanderung wird Sachsen-Anhalt etwa den Bedarf an Fachkräften aber schon in naher Zukunft nicht mehr decken können. Um dem zu begegnen, müssen lokale Konzepte für eine Willkommenskultur erarbeitet und umgesetzt werden, die geeignet sind, Menschen aus anderen Regionen Deutschlands ebenso aufzunehmen und zu integrieren, wie Menschen anderer Nationen. Dabei ist klar, dass Sprachkurse für Ausländer zwingende Bausteine einer Integration sind. Die Erhaltung und Steigerung der Lebensqualität und der wirtschaftlichen Basis im ländlichen Raum sind aber Voraussetzung, um Menschen für Sachsen-Anhalt zu begeistern. Dazu gehört z. Bsp. auch:

  • Zu prüfen, welche Städte, wie etwa Genthin und Wittenberg, Potential haben, als Lebensort attraktiv zu sein für Pendler in die Zentren Berlin und Leipzig.
  • Optimierung der örtlichen Angebote von den Wohnmöglichkeiten über die Anbindung über Straße und Schiene bis hin zu schnellem Internet und etwa der Bereitstellung von Co-working-Spaces.
  • Sicherung der öffentlichen Infrastruktur, die heute auch für ein Leben im ländlichen Raum als selbstverständlich gilt.
  • Begleitung der Orte durch das Land bei der aktiven Werbung um neue Bürger.

Vier Türen

Egal warum und auf welchem Weg ein Mensch zu uns kommt, egal ob er Arbeit bei uns sucht und deshalb eingewandert ist, ob er Schutz vor Krieg und Verfolgung sucht = jeder, der einen Aufenthaltstitel hat, ist uns willkommen und wir unterstützen seine Integration. Allerdings pochen wir als Rechtsstaatspartei auch auf diesem Politikfeld für die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften. D.h. wenn ein Gericht rechtskräftig entschieden hat, dass ein Mensch sich zu Unrecht auf dem Boden unseres Landes aufhält, wollen wir eine konsequente Rückführung. So wie Minister Joachim Stamp dies in Nordrhein-Westfalen mit zunehmendem Erfolg umsetzt, wollen wir auch in Sachsen-Anhalt agieren.