Wahlprogramm der FDP Sachsen-Anhalt zur Landtagswahl 2021

Selbstbestimmt in allen Lebenslagen

Soziales & Gesundheit

Unser Ziel

Jeder Mensch soll selbstbestimmt, in Freiheit und ohne Angst leben und eigenständig Entscheidungen treffen können. Wir möchten die Vielfalt der Lebensentwürfe und Offenheit der Gesellschaft sichern. Wir wollen nicht gleiche Ergebnisse für alle, sondern faire Chancen für jeden Einzelnen.

Wir möchten eine barrierefreie Gesellschaft, die Teilhabe verbessert. Denn nur dann können faire Chancen ermöglicht werden und kann selbstbestimmtes Leben gelingen.

Jeder Mensch ist für uns wertvoll. Deshalb halten wir es für absolut zentral, dass jeder Mensch die Chance hat, seine Fähigkeiten auszuschöpfen. Eine selbstständige und autonome Lebensführung muss dabei für alle Menschen möglichst lange und in den verschiedenen Lebenslagen möglich sein.

Unser Weg

Eigenverantwortung, Solidarität und Subsidiarität sind die tragenden Prinzipien unserer Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik. Wir stehen für eine Gesellschaft ein, in der jeder echte, faire Chancen hat – unabhängig von Herkunft und Umfeld. Wir wollen für alle Menschen die begründete Hoffnung auf sozialen Aufstieg erneuern.

Wir verlassen die eingefahrenen Wege und werden Innovationsführer auch in der Sozialpolitik. Wir fördern die Veränderung bestehender Strukturen und probieren mutig neue Wege, um eine gute soziale Infrastruktur sowohl in der Stadt als auch auf dem Land sicherzustellen.

FAQ

Was will die FDP gegen den Ärztemangel machen?

Wir wollen gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung und den Kommunen die Niederlassung von Ärzten in Gemeinden fördern, in denen ein Ärztemangel droht, um eine wohnortnahe ambulante Patientenversorgung im ländlichen Raum zu sichern. Dem Fachkräftemangel können wir durch einen sinnvollen Professionen-Mix innerhalb der Berufe im Gesundheitswesen und eine veränderte Aufgabenzuweisung begegnen. D.h. auch, dass Aufgaben, die derzeit noch Ärzten vorbehalten sind, delegiert werden sollen. So können speziell geschulte Pflegerinnen und Pfleger einen eigenständigen Beitrag bei der Behandlung chronisch kranker oder immobiler Menschen leisten. Generell gilt, dass der Ärztemangel und die demographische Entwicklung im ländlichen Raum ein flexibleres und mobileres Gesundheitssystem verlangen. So sollen Modellversuche mit mobilen Praxen landesweit verstetigt werden. Wir wollen etwa Rotationsmodelle unterstützen, bei denen eine Praxis z.B. wochen- oder tageweise durch unterschiedliche Fachdisziplinen besetzt wird.

Wie will die FDP die Digitalisierung in der Gesundheit und Pflege voranbringen?

Die FDP Sachsen-Anhalt will die Digitalisierung im Gesundheitswesen fördern, z.B. durch die Einbeziehung der Pflegeschulen in die Zusatzprogramme zum DigitalPakt Schule und durch ein Social Innovation Hub Sachsen-Anhalt. Dadurch soll die qualifizierte Aus- und Fortbildung und neue Dienstleistungen rund um Gesundheit, Pflege und Soziales gestärkt werden. Hausärzte sind die Basis jeder medizinischen Versorgung. Die FDP Sachsen-Anhalt hält es für erforderlich, dass die Weiterbildung der niedergelassenen Ärzte auch die Weiterbildung im Bereich der Digitalisierung beinhaltet und als Fortbildung anerkannt wird. Dies geschieht auch in Verbindung mit dem Social Innovation Hub.

Mit einer Vielzahl von Veranstaltungen, Roadshows und Diskussionsformaten werden die Stakeholder dieser Transformation informiert. Die Veranstaltungen werden mit der Ärztekammer sowie der Kassenärztlichen Vereinigung geplant und durchgeführt und mit CME-Punkten versehen. Das Digitale Versorgung Gesetz (DVG) ist im November 2019 vom Bundestag und Bundesrat beschlossen worden. Es trat Anfang 2020 in Kraft. Es bdeutet eine Zeitenwende im deutschen Gesundheitswesen: Qualifizierte digitale Innovationen bekommen mit dem DVG die Chance in die Regelversorgung aufgenommen zu werden, Krankenkassen können digitale Projekte auch finanziell fördern. Dies soll und muss auch in Sachsen-Anhalt vorangebracht werden. Lokale Gesundheitszentren könnten der Ankerpunkt für digitale Anwendungen sein: ePflegeakte, AAL, Smart Home Anwendungen könnten dort zusammenlaufen und von dort aus koordiniert werden. Als Schaltstelle im Quartier kann dies ein Modell sein, um Kommunen stärker einzubinden, aber auch ihnen mehr Mitwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten zu geben.Mit einer Vielzahl von Veranstaltungen, Roadshows und Diskussionsformaten werden die Stakeholder dieser Transformation informiert. Die Veranstaltungen werden mit der Ärztekammer sowie der Kassenärztlichen Vereinigung geplant und durchgeführt und mit CME-Punkten versehen.

Sieht die FDP Handlungsbedarf beim Landeskrankenhausplan?

Wir halten eine Überarbeitung des Landeskrankenhausplans für zwingend erforderlich. Dabei ist einerseits eine ortsnahe Grundversorgung ebenso sicherzustellen, wie eine gut erreichbare Geburtshilfe, und andererseits sind Schwerpunktkliniken auszuweisen. Beide sind Teil dieser Planungen und dürfen in der Landesförderung über die Landeskrankenhausplanung nicht benachteiligt werden. Die Krankenhauslandschaft soll durch ambulante Versorgungszentren für die Notaufnahmen ergänzt werden. Damit kann in der Fläche eine gute Versorgung sichergestellt werden, während Spezialfälle wenigen spezialisierten Maximalversorgern, insbesondere den auch der Forschung, Lehre und Ärzte-Weiterbildung verpflichteten Uniklinika, vorbehalten sein sollen. Dies bedeutet auch, dass die Erreichbarkeit der Standorte etwa mit Maximalversorgern über den ÖPNV sichergestellt sein muss.

Wie steht die FDP zur Kommunalisierung aller Krankenhäuser?

Mix der Eigentumsformen macht die Krankenhauslandschaft krisenfester

Da es vor allem die kommunalen Klinika sind, die derzeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, halten wir eine Rekommunalisierung für falsch. Das Land Sachsen-Anhalt muss seiner Verpflichtung bei der Finanzierung von Krankenhausinvestitionen nachkommen, damit zwingende Investitionen – vor allem von den kommunalen – Klinika nicht aus dem laufenden Betrieb mit erwirtschaftet werden müssen. Wir halten eine Mischung der unterschiedlichen Eigentumsformen von kommunalen Krankenhäusern über Krankenhäuser der Wohlfahrtseinrichtungen bis hin zu privaten Krankenhäusern für sinnvoll. Wir wollen alle, auch die beiden Uni-Klinika, in der Landeskrankenhausplanung berücksichtigen.

Welchen Schwerpunkt setzt die FDP bei der Pflegepolitik im Land?

Der Mensch steht im Mittelpunkt

Die Gesellschaft des langen Lebens ist eine Gesellschaft der neuen Möglichkeiten, wenn wir die Chancen nutzen. Der erste Schritt hierzu ist, den Blick auf Stärken und Ressourcen älterer Menschen zu richten. Die Verantwortung für die Gestaltung des eigenen Altwerdens kann niemand den Menschen abnehmen. Alter gibt auch Freiheit von Leistungserwartungen. Was Lebensqualität ist, kann nicht von anderen bestimmt werden. Alter ist vielfältig! Männer, Frauen, Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte altern unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen und haben auch verschiedene Interessen und Bedürfnissen. Diese gilt es zu respektieren. Eine Gesellschaft, in der alle Verantwortung übernehmen für Menschen, die Unterstützung brauchen, ist eine menschenwürdige Gesellschaft. Ein achtsamer Umgang im Alltag nutzt allen. Ältere Menschen tragen mit Engagement, Wissen und Erfahrung zur Gestaltung von Gegenwart und Zukunft bei. Gesellschaft und Politik sind gut beraten, diese Beiträge zu beachten und zu würdigen. Die Sicherstellung der Pflege wird für unser Gesundheitssystem eine große Herausforderung. Wir wollen eine selbstbestimmte und menschenwürdige Pflege sowie die Wahlrechte der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen stärken. Die FDP Sachsen-Anhalt nutzt alle Möglichkeiten zur Veränderung der Gesetzgebung auf Bundesebene. Dabei werden folgende Ziele verfolgt: Jedes Pflegesetting ermöglicht eine selbstständige und autonome Lebensführung der Pflegebedürftigen! Nicht der Lebensort bestimmt die Leistung. Bedürfnisse und Bedarfe des Pflegebedürftigen bestimmen die Wahl des Pflegesettings. Es bedarf einer größtmöglichen Flexibilität bei der Gestaltung des Versorgungssettings, damit Pflegeleistungsempfänger ihre individuellen Ziele und Wünsche verwirklichen können. Der Gleichbehandlungsgrundsatz, egal für welches Versorgungssetting, gilt auch für die Pflegeversicherung. Die Pflege muss leistungs- und vertragsrechtlich nach denselben Regeln funktionieren, unabhängig davon, ob die Pflegebedürftigen individuell zu Hause, oder in organisierten Wohnformen wie Wohngemeinschaften, betreutem Wohnen oder in einer vollstationären Pflegeeinrichtung versorgt werden. Das Versicherungssystem trägt dem Verständnis von ganzheitlicher Pflege Rechnung.

Welchen Handlungsbedarf sieht die FDP bei der Pflegepolitik im Land?

Verbesserung der Situation in der Kurzzeitpflege im Land

Die heute vorherrschenden komplexen und langfristigen Gesundheitsprobleme und die Zunahme von Pflegebedürftigkeit erfordern eine langfristig angelegte, integrierte und multiprofessionelle Versorgung. Es bleibt daher eine der Zukunft vorbehaltene Aufgabe, die integrierte Versorgung neu zu beleben und stärker multiprofessionell auszurichten, außerdem der Pflege (ebenso anderen als ärztlichen Berufen) einen stärkeren Part einzuräumen und sie mehr als bislang aus der Patienten- und Nutzerperspektive heraus zu konzipieren.

Integrierte lokale Gesundheitszentren bieten hier zahlreiche Ansatzpunkte, da sie wohnortnah eine umfassende, integrierte ambulante Versorgung zu verwirklichen versuchen. Sie setzen zudem auf einen anderen Professionenmix, bei dem der Pflege im multiprofessionellen Team mehr Verantwortung und Eigenständigkeit eingeräumt wird. (So z.B. Sachverständigenrat der BReg. Schon lange und viele Wissenschaftler).

Sowohl das Modell der eingestreuten als auch solitären Kurzzeitpflege im Krankenhaus sehen vor, dass Krankenhausbetten, die im Krankenhausbedarfsplan vorgesehen sind, nur vorübergehend für 

Kurzzeitpflege genutzt werden. Hierbei bezieht sich der Begriff „vorübergehend“ nicht auf die Laufzeit des Pilotprojektes, sondern auf die Verfügbarkeit der Ressourcen, die nur vorübergehend nicht für den eigentlichen Versorgungsauftrag des Krankenhauses benötigt werden und es dadurch ermöglichen, den einzelnen Kurzzeitpflegegast vorübergehend in einem Krankenhausbett mit Pflegepersonal des Krankenhauses zu versorgen.

Nur ganzheitlich kommen wir zum Ziel

Bei der Gestaltung der Pflege lassen wir uns von folgenden drei Punkten leiten: 

  • Pflege und gesundheitliche Versorgung werden ganzheitlich gedacht, wie dies vereinzelt in Verträgen zur integrierten Versorgung schon vereinbart wird. 
  • Die Kommunen werden besser in die Pflegestrukturen eingebunden und erhalten eigene Steuerungsmöglichkeiten. 
  • Dem Fachkräftemangel wird durch einen sinnvollen Professionen-Mix innerhalb der Berufe im Gesundheitswesen und eine veränderte Aufgabenzuweisung begegnet.

Die heute vorherrschenden komplexen und langfristigen Gesundheitsprobleme und die Zunahme von Pflegebedürftigkeit erfordern eine langfristig angelegte, integrierte und multiprofessionelle Versorgung. Es bleibt daher eine der Zukunft vorbehaltene Aufgabe, die integrierte Versorgung neu zu beleben und stärker multiprofessionell auszurichten, außerdem der Pflege (ebenso anderen als ärztlichen Berufen) einen stärkeren Part einzuräumen und sie mehr als bislang aus der Patienten- und Nutzerperspektive heraus zu konzipieren.

Integrierte lokale Gesundheitszentren bieten hier zahlreiche Ansatzpunkte, da sie wohnortnah eine umfassende, integrierte ambulante Versorgung zu verwirklichen versuchen. Sie setzen zudem auf einen anderen Professionenmix, bei dem der Pflege im multiprofessionellen Team mehr Verantwortung und Eigenständigkeit eingeräumt wird. (So z.B. Sachverständigenrat der BReg. Schon lange und viele Wissenschaftler).

Sieht die FDP Änderungsbedarf bei den Gesundheitsämtern in Auswertung der Coronapandemie

Aus der Pandemie lernen

Wir wollen zu Beginn der kommenden Legislatur erreichen, dass der Landtag eine Enquetekommission einberuft, die die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie auswertet und Empfehlungen für zukünftige strukturelle Veränderungen und Verfahren erarbeitet. Dies gilt etwa für die Ausstattung der Krankenhäuser und die Fähigkeit der Gesundheitsämter zur Nachverfolgung von Infektionsketten, aber auch für die Kooperation zwischen Landes- und Landkreisebene bei der Abstimmung von Maßnahmen. Die Pandemie hat die Schwächen des öffentlichen Gesundheitswesens schonungslos offengelegt und dazu geführt, dass die Nachverfolgung von Kontakten viele Gesundheitsämter schon früh überfordert hat. Die Digitalisierung des öffentlichen Gesundheitswesens ist daher eine zentrale Forderung der FDP Sachsen-Anhalt. Die Coronakrise hatte auf vielen Feldern erhebliche Kollateralschäden. Dies gilt etwa für den Bildungsbereich. Und es gilt auch für den Bereich der Gesundheit durch verschleppte Behandlung anderer Krankheitsbilder. Die extreme Zunahme etwa von häuslicher Gewalt und psychischer Probleme vieler Menschen sind nur einige Beispiele. Das ist für die FDP Sachsen-Anhalt Grund genug die Erfahrungen der Pandemie vorurteilsfrei zu analysieren und Handlungsstrategien für die Zukunft zu entwickeln.

Wie steht die FDP zum Wechselmodell?

Einsatz für das Wechselmodell

Wir werden uns in Land und Bund für eine stärkere Berücksichtigung der Betreuungspflicht beider Elternteile einsetzen. Wenn sich im Trennungsfall die Eltern nicht einig werden und keine gewichtigen Gründe dagegensprechen, soll das Kind im regelmäßigen Wechsel von beiden Eltern gleichermaßen betreut werden. Ehen können scheitern. Doch von Kindern darf nicht erwartet werden, sich zwischen ihren Eltern entscheiden zu müssen.

Was setzt die FDP der zunehmenden gruppenbezogenen Diskriminierung entgegen?

Null Toleranz für Diskriminierung

Wir zeigen null Toleranz gegen diejenigen, die Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität diskriminieren. Dies ist Grundsatz unserer Politik für LSBTTI. Dazu wollen wir etwa in der Jugendarbeit und in der Schule der Diskriminierung entgegenwirken und mit Aufklärung für Akzeptanz werben. Das Land hat die Aufgabe, entsprechende Strukturen zu finanzieren, die schulisch und außerschulisch arbeiten können, sowie Hilfsangebote zu finanzieren für Menschen, die Opfer von Diskriminierung werden. Wir werden ein ganzheitliches Diversity Management in der Arbeitswelt voranbringen, dass auch die heute vielfach unbeachteten Dimensionen Religion und sexuelle Orientierung berücksichtigt.

Was unternimmt die FDP, um die Akzeptanz für Geschlechtsneutralität zu erhöhen?

Das Urteil zum dritten Geschlecht stellt uns vor die Aufgabe, im praktischen Verwaltungshandeln verschiedene Geschlechtsidentitäten zu berücksichtigen. Administrative Akte müssen vom Gedanken der Selbstbestimmung geprägt sein und spezifische Beratungsangebote sind zu fördern. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit darf nicht von verschiedenen externen Gutachtern abhängig sein. Wir machen uns daher dafür stark, dass die Angabe des Geschlechts nur dort in der Verwaltung erfasst wird, wo dies unbedingt nötig ist. Darüber hinaus treten wir dafür ein, keine überzogene Gendersprache in der Behördenkommunikation zu verwenden.

Wie will die FDP Menschen mit Handicap ein weitestgehend selbstbestimmtes Leben ermöglichen?

Leben mit Handicap in Selbstbestimmung

Die FDP Sachsen-Anhalt fordert für die Eingliederungshilfe des Landes

  • die Umsetzung der Vorhaben des Landesaktionsplans,
  • die Erbringung von personenzentrierten Angeboten für Menschen mit Handicap
  • die Förderung des Budgets für Arbeit,
  • die Förderung von Zuverdienstprojekten und
  • die Förderung der anderen Leistungsanbieter.
Halten Sie den Aufbau von barrierefreiem Wohnraum für erforderlich?

Barrierefreier Wohnraum sichert Selbstständigkeit

Wir setzen uns dafür ein, dass barrierefreier Wohnraum einfacher gebaut werden kann, auch im Bestand. Dazu werben wir für eine umfassende Überprüfung der sozialversicherungs-, steuer- und baurechtlichen Rahmenbedingungen. Wir unterstützen Unternehmen und Vorhaben, die Ambient Assisted Living (AAL) mit Alltagsgeräten, wie z.B. dem Mobiltelefon, ermöglichen.