Wahlprogramm der FDP Sachsen-Anhalt zur Landtagswahl 2021

Wirtschaft

Unser Ziel

Wir wollen die Wirtschaft nach Corona schnell hochfahren. Nur wenn Unternehmen zügig wieder Tritt fassen, können wir eine Rezession verhindern. Ansonsten riskieren wir, dass die Lebensleistung vieler Unternehmer vernichtet wird, Firmen in Insolvenz getrieben werden und Arbeitsplätze verloren gehen. Das bedeutet neben vielem Leid für die Menschen letztendlich auch, dass unser Land für viele öffentliche Aufgaben nicht genügend Finanzmittel haben wird, weil deutlich weniger Steuern gezahlt werden. Viel zu viele Unternehmer haben in der Pandemie erfahren, dass sie von der Verwaltung als Bittsteller betrachtet wurden, obwohl sie Opfer der Maßnahmen wurden, die aus gesundheitspolitischer Perspektive angemessen erschienen.

Wir wollen ein Land, in dem möglichst viele Menschen ihre Ideen verwirklichen können, indem sie ihr eigenes Unternehmen gründen und mit ihren Produkten und Dienstleistungen unser Leben besser machen. Wir wollen möglichst viele Arbeitsplätze, von denen Menschen ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Und wir wollen eine Verwaltung, die sich als Dienstleister versteht und diesen Weg der Menschen begleitet, nicht behindert.

Unser Weg

Wichtig ist, dass die Unternehmen in unserem Land gerade jetzt ein optimales Umfeld finden. Eine gute Infrastruktur, minimale Vorschriften, gut ausgebildete Fachkräfte sind dazu drei Stichworte. Wir wollen eine Verwaltungskultur schaffen, die die Unternehmer als Partner betrachtet, ja insgesamt eine Kultur fördern, die Unternehmertum als etwas positives betrachtet. Dazu wollen wir die Verwaltung pro Unternehmertum einstellen, Vorschriften auf das erforderliche Level reduzieren, Förderbedingungen so aufsetzen, dass die Unternehmen ihren Neustart finanzieren können. Wir wollen in Schulen und Hochschulen flächendeckend und fächerübergreifend Projekte und Kontakte im Kontext von beruflicher Selbstständigkeit und Gründerkultur anbieten. Wir wollen die Willkommenskultur im Land deutlich stärken, um es den Unternehmen zu erleichtern, Fachkräfte aus dem In- und Ausland für ihre Unternehmen anzuwerben. Auch dabei wollen wir eine kompetente Begleitung der Unternehmen durch die öffentliche Hand. Wir wollen eine systematische Verbesserung der Infrastrukturen, die für Unternehmen erforderlich sind.

FAQ

Wie wollen Sie die Rahmenbedingungen für Unternehmer verbessern?

Ein Aufschwung der Wirtschaft hat für uns oberste Priorität. Nur durch wirtschaftliches Wachstum kann ein Sozialstaat seine Aufgaben erfüllen und langfristig stabil finanziert werden. Hierfür brauchen wir eine liberale Wirtschafts- und Abgabenpolitik: Weniger Staat, weniger Regulierung, weniger Umverteilung und keine Erhöhung der Steuern und Abgaben. Die Bekämpfung der Corona-Pandemie hat eine beispiellose Wirtschaftskrise ausgelöst. Unternehmensinsolvenzen, Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit haben den Lebensstandard vieler Menschen stark eingeschränkt. Steuereinnahmen und die Einnahmen der Sozialkassen sind drastisch reduziert. Dadurch ist nicht nur die Finanzierung der Gesundheits-, Sozial- und Rentenkassen bedroht. Auch die öffentlichen Haushalte sind in der Krise. Wer jetzt eine Erhöhung von Steuern und Abgaben fordert, löst die Krise nicht. Er verschärft sie. Durch eine liberale Wirtschaftspolitik wollen wir mehr als nur „„raus aus der Krise“. Wir wollen Sachsen-Anhalt wirtschaftlich fit für künftige Generation machen. Die Unternehmen in Sachsen-Anhalt benötigen einen Staat,

  • der unternehmerisches Risiko honoriert und nicht bestraft
  • der rational handelt und nicht in bekannte Ideologie-getriebene Aktionismen verfällt
  • der ihnen Freiheit und unternehmerische Entscheidungen überlässt und sie nicht administrativ überlastet
  • der Wachstum als Voraussetzung für Wohlstand begreift und nicht als ideologische Gefahr verteufelt
  • der für Planungssicherheit und Vertrauen sorgt, damit Investitionen in die Zukunft kalkulierbar sind
  • der sich als Partner der Wirtschaft versteht, sie aktiv unterstützt und die genannten Punkte umsetzt.
Wo will die FDP nach der Coronakrise ansetzen?

Für einen starken Mittelstand

Sachsen-Anhalt soll zum attraktivsten Standort für Unternehmen in Deutschland werden. Hierfür müssen vor allem die digitale Infrastruktur ausgebaut und die Entbürokratisierung vorangetrieben werden. Behördengänge sollen gebündelt und digital von überall aus erledigt werden können. Im Digitalisierungsprozess dürfen einzelne Regionen nicht vernachlässigt werden. Kleine und mittelständische Unternehmen dürfen keine Wettbewerbsnachteile haben, nur weil sie im ländlichen Raum ansässig sind. Wir wollen, dass sich die kommunalen Gebietskörperschaften auf ihre Kernaufgaben beschränken und sich nicht als Konkurrenten der Unternehmen betätigen. Die kleinen und mittleren Unternehmen – 99% aller Betriebe in Sachsen-Anhalt – sind das Rückgrat der Wirtschaft und der Garant unseres Wohlstands. Sie garantieren die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze und unterstützen wirkungsvoll das gesellschaftliche Leben.

 

Ist Entbürokratisierung immer noch erforderlich?

Wir Freien Demokraten setzen uns aktiv für einen Bürokratieabbau ein. Alle neuen gesetzlichen Regelungen, die in die unternehmerische Freiheit eingreifen, müssen in Zukunft befristet werden. So kann man die Wirksamkeit auf den Prüfstand stellen und die Regelung gegebenenfalls wieder aufheben. Zudem setzen wir uns für eine One-in-two-out-Regelung ein. Dies bedeutet: Für jede neue Regulierung müssen zwei ältere wieder abgeschafft werden. Wir wollen einen Behörden-TÜV einführen, der staatliche Maßnahmen auf unverhältnismäßige Einschränkungen der Bürger prüft. Zudem wollen wir jeweils prüfen, ob ein privater Anbieter die Aufgabe nicht besser erfüllen kann. Anliegen an die Behörden sollen mit einer strikten Fristenregelung für die Verwaltung versehen werden und ihre Bearbeitung online verfolgbar sein.

 

Wie wollen Sie das öffentliche Vergaberecht mittelstandsfreundlicher gestalten?

Vergaberecht vereinfachen

In der Coronapandemie wurden, wie schon in anderen Krisen zuvor, die Vorschriften für die öffentliche Vergabe deutlich entschlackt. Wir wollen diese Ausnahmen zur Regel machen und das Vergabegesetz grundsätzlich auf das konzentrieren, was seine Aufgabe ist: dafür Sorge zu tragen, dass die öffentliche Hand die wirtschaftlichsten Angebote erhält und Leistungen preiswert nach einem fairen Wettbewerb bezieht. Das Vergaberecht soll Korruption vorbeugen, aber kein Bürokratiemonster sein, das Unterneh-men gängelt.

Was wollen Sie tun, damit Energie sicher produziert und verlässlich zur Verfügung gestellt werden kann und bezahlbar wird?

Sichere und preiswerte Energieversorgung durch Technologieoffenheit

Die massiv gestiegenen Kosten für Energie sind nicht nur für die Bürger eine enorme finanzielle Belastung. Sie schaden auch den Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Eine teure und gleichzeitig unsichere Energieversorgung gefährdet den Industriestandort Sachsen-Anhalt. Dem müssen wir mit voller Entschlossenheit entgegenwirken. Der Schlüssel für eine sichere und preiswerte Energieversorgung liegt in einer Technologieoffenheit bei der Energiegewinnung und bei der Energienutzung. Die FDP lehnt eine Festlegung auf einen Energieträger durch politischen Beschluss ab und fordert statt dessen über die Festlegung etwa ökologischer Standards Rahmen zu setzen, in denen der Markt entscheidet, welche Energieträger sich langfristig durchsetzen und welche nur noch eine Brückentechnologie sind. Die von Bundesregierung und Landesregierung betriebene Energiewende auf der Basis der unzuverlässigen und teuren erneuerbaren Energien hat schon jetzt zu Stromkosten geführt, die zu den den weltweit höchsten zählen. Diese Politik macht uns absehbar stärker abhängig von einer Stromversorgung aus dem Ausland, die auf Kernenergie und Kohle basiert. Damit riskieren wir eine De-Industrialisierung Sachsen-Anhalts.

Wie soll die Gründung von Unternehmen in Sachsen-Anhalt gefördert werden?

Für die Förderung von Unternehmensgründungen

Wir unterstützen die Gründung neuer Unternehmen in Sachsen-Anhalt. Gründer und ihre Unternehmen sind Arbeitgeber und Steuerzahler von morgen. Unser Ziel ist es, dass man in Sachsen-Anhalt innerhalb von 48 Stunden seine eigene Firma gründen kann. Um dies zu ermöglichen, setzen wir uns für eine einzige Anlaufstelle in Form einer One-Stop-Agency ein. Zudem sollen StartUps in den ersten zwei Jahren von allen unnötigen Befragungen, Dokumentationspflichten und Zwangsmitgliedschaften ausgenommen werden. Die fleißigen, mutigen und intelligenten Köpfe in unserer Heimat brauchen diese zwei Jahre, um ihre Geschäftsidee zum Laufen zu bringen, bevor die Pflichten der deutschen Bürokratie greifen. Ein neues Unternehmen soll sich zuerst ausschließlich auf seine Gründung und seinen Markteintritt konzentrieren können. Auch ein steuerfreies erstes Jahr für Unternehmensgründer ist für uns denkbar. Wir wollen günstige Büro- und Verwaltungsräume und eine gute technisch-administrative Infrastruktur in StartUp- und KMU-Zentren in allen Regionen des Landes, um Gründer auch in strukturschwachen Regionen zu unterstützen.

Ausgründungen aus Hochschulen

Die Ausgründungen aus den Hochschulen sind für unser Land eine wichtige Chance für innovative Produkte und Verfahren, die qualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen können. Wir halten deshalb eine Struktur in den Hochschulen für erforderlich, die Menschen bei der Gründung begleitet aber auch den Hochschulen die Vermarktung von entwickelten Produkten über Lizenzen ermöglicht.

Um Studierenden die Möglichkeit zu geben, ein Unternehmen zu gründen, wollen wir die Einführung eines Gründersemesters und eine effizientere Gestaltung des Beratungs- und Förderangebotes. Weitere Maßnahmen sind die Einführung eines Gründer-BAföGs oder die Möglichkeit für Hochschulen, Unternehmensgründung als Praxis- oder Forschungssemester anzuerkennen (einschließlich der Gewährung von ECTS-Anrechnung).

Wie sichern Sie den Nachwuchs an qualifizierten Fachkräften?

Für die Gewinnung von mehr Nachwuchskräften

In den nächsten Jahren verliert Sachsen-Anhalt von den derzeit 800 000 Arbeitskräften allein 300 000 dadurch, dass sie das Rentenalter erreichen. Um den dramatisch wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen, fordert die FDP ein offensives Anwerben von ausbildungswilligen jungen Menschen aus dem Ausland. Ein gutes Beispiel ist das Land Thüringen, dessen Landesregierung seit Jahren in enger Kooperation mit der Wirtschaft ausbildungswillige junge Menschen aus dem Ausland anwirbt. Diese haben bereits in ihrer Heimat einen Deutsch-Kurs absolviert und wissen, in welchem Thüringer Unternehmen sie ausgebildet bzw. beschäftigt werden sollen. Auch die privaten Initiativen zur Behebung von Fachkräftemangel sind zu unterstützen.

Welche Bedeutung spielt aus Sicht der FDP der Ausbau der digitalen Infrastruktur?

Sachsen-Anhalt hat im Bereich der Digitalisierung einen enormen Nachholbedarf. Die Digitalisierungsaktivitäten des Landes müssen gebündelt, qualifiziert und massiv aufgewertet werden. Ziel ist es, die bereitgestellten Mittel des Bundes und der Europäischen Union sinnvoll zu nutzen und privates Engagement im Bereich der Digitalisierung effektiv zu fördern. Ein flächendeckendes Breitband- und 5G-Netz ist für einen innovativen Wirtschafts- und Bildungsstandort unverzichtbar und Grundlage für neue, attraktive Formen der Arbeits- und Lebenswelt. Eine digitale Infrastruktur ist notwendige Grundlage für die Entwicklung eines starken Mittelstands auch im ländlichen Raum. Unternehmen müssen möglichst viele staatliche Anforderungen wie Anträge, Fördermittel, Berichtspflichten etc. digital abwickeln können. Derzeit ist die Landesverwaltung das Schlusslicht der Digitalisierung im Land. Die öffentliche Verwaltung braucht endlich einen Digitalisierungsschub, damit sie schneller, effektiver und bürgerfreundlicher agieren kann.

Wie will die FDP den Strukturwandel etwa in der Braunkohleregion begleiten?

Der Ausstieg aus der Braunkohle als Energieträger ist absehbar. Damit keine abgehängten Regionen mit geringen Zukunftsaussichten entstehen, sind Konzepte zu erarbeiten, die nachhaltiges und strukturelles Wachstum absichern und den ehemaligen Braunkohleregionen helfen, sich wirtschaftlich dauerhaft weiterzuentwickeln. Aus unserer Perspektive sind die planwirtschaftliche Ansiedlung einzelner Betriebe oder das Verteilen von Rekordsummen an Steuergeldern nach dem Gießkannenprinzip durch die Kohlekommission hierfür nicht geeignet, sondern eine ineffiziente Verschwendung staatlicher Mittel. Stattdessen fordern wir die Einrichtung von Chancenregionen, in denen besondere wirtschaftliche Anreize, fokussierte Infrastrukturmaßnahmen und geringe bürokratische Auflagen dazu führen, dass dauerhaftes, nachhaltiges und konkurrenzfähiges Wirtschaftswachstum entsteht. Jeder Gebietskörperschaft oder einem kommunalen Verbund, dessen Wirtschaftswachstum und Beschäftigungsquote deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt, soll es zukünftig ermöglicht werden, beim Bundeswirtschaftsministerium die Anerkennung als „Chancenregion“ zu beantragen. Dies gilt auch, wenn sich derartige Entwicklungen eindeutig abzeichnen. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium und lokalen Vertretern soll dann ein individuelles Konzept mit möglichen Maßnahmen ausgearbeitet werden, das durch die Ausrichtung auf lokale Bedürfnisse und Anknüpfung an bestehende Strukturen die regionalen Potenziale entfaltet.

Potenzielle Maßnahmen sind:

  • beschleunigte Flächennutzungsplanungen, Bauleit- und Genehmigungsverfahren
  • sowie die priorisierte Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen
  • erleichterte Unternehmensgründungen und Anpassungen im Arbeitsrecht sowie
  • die partielle Abschwächung oder Aussetzung einzelner Umweltschutzstandards
  • niedrigere Steuersätze, zum Beispiel bei der Grunderwerbssteuer
  • Erstattung von Steuerausfällen bei den Kommunen.
  • Die Maßnahmen sollen für einen vorher festgelegten Zeitraum gelten und anschließend periodisch auslaufen.

Das jeweilige Konzept muss dabei stets so ausgearbeitet werden, dass es eine Prüfung durch die EU-Kommission besteht und nicht als mit dem europäischen Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe bewertet wird. Des Weiteren müssen schwere wirtschaftliche Nachteile für benachbarte Regionen vermieden werden und die wirtschaftlichen Vorteile nur den Unternehmen zukommen, die sich dauerhaft in der Region ansiedeln. Unternehmen mit Niederlassungen in Nachbarkreisen dürfen nicht durch die Verlagerung der Niederlassung von diesen Vorteilen partizipieren.

Auf europäischer Ebene soll sich Deutschland für eine Lockerung des Beihilfeverbots einsetzen, damit eine noch weitergehende wirtschaftliche Unterstützung nach dem oben beschriebenen Modell möglich wird.

Wie will die FDP den Wandel in der Automobilbranche flankieren?

Die Automobilzulieferer in unserem Bundesland stehen in den kommenden Jahren vor enormen Herausforderungen. Um die Unternehmen dabei zu begleiten, wollen wir die Vernetzung zwischen den Unternehmen und den Hochschulen weiter vertiefen und ggf. erforderliche Beratungsleistungen für das Change-Management unterstützen. Dabei lehnen wir eine Vorfestlegung auf eine Antriebsform ab und setzen statt dessen auf staatliche Vorgaben zu ökologischen Auswirkungen.